ANLEITUNG ZUR ROMANTISIERUNG DER WELT
Am Freitag habe ich mir in Hannover das Stück „Remake.Romantik“ des Ensembles fensterzurstadt angesehen.
Eine klug-unterhaltsame multimediale Collage. Sehr zu empfehlen. Die beiden letzen Vorstellungen übrigens nächsten Mittwoch und Freitag. (Für Interessierte: hier der Trailer https://vimeo.com/147818612.)
Ein zentraler Satz in der Inszenierung, der meinem Gefühl nach Dreh- und Angelpunkt für die Auseinandersetzung mit dem Stoff war, ist Novalis’ berühmte Definition von Romantik, oder besser gesagt: seine Anleitung zum Romantisieren.
„Indem ich dem Gemeinen einen hohen Sinn, dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehn, dem Bekannten die Würde des Unbekannten, dem Endlichen einen unendlichen Schein gebe, so romantisiere ich es.“
Und das hat für Novalis nichts sentimental Kitschiges oder Nebulöses. Im Gegenteil. Der Prozess der Romantisierung ermöglicht es beispielsweise ganz konkret, (scheinbare) Gegensätze zusammenzuführen.
Gestern und auch heute bewege ich das in meinem Hirn&Herzen hinundher und ich lande bei dem Gedanken, dass vielleicht genau dies ein gangbarer Ansatz sein könnte für das immer wieder durchaus erschreckende Gefühl, die Gegensätze unserer Welt nicht mehr miteinander vereinbaren zu können. Von verbinden ganz zu schweigen.
Die Poesie spielt bei dieser Romantisierung eine entscheidende Rolle:
„Der Sinn für Poesie (…) stellt das Undarstellbare dar. Er sieht das Unsichtbare, fühlt das Unfühlbare. Der Poet ist der transzendentale Arzt.“
O.k., jetzt könnte ich noch was zur Poetin als transzendentaler Ärztin sagen, aber dann wird der Beitrag hier zu lang. Schreiben Sie mir, was Sie davon halten? Danke!
P.S.: Nur eins noch: mit Poesie meint Novalis nicht nur Dichtung, sondern alle menschlichen Aktivitäten, die nach Vervollkommnung streben. Also auch Alle, die nicht schreiben, sind zur Romantisierung und Poetisierung aufgerufen!
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