13. Mai 2012

BOOKCROSSER

Vor drei Tagen laufe ich nachts in der Lehrter Straße am A&O Hostel vorbei und stehe plötzlich vor einer graffiti-besprühten Telefonzelle, die Tags zuvor noch nicht dort stand. Eine Menge Bücher sind im Zelleninneren gestapelt – das kann nur eines bedeuten: ein Buchtauschort! Aber davon gibt es unterschiedliche. Als ich lese, dass es sich um Bookcrossing handelt, freue ich mich wirklich: es ist erst das zweite Mal, dass mir ein solcher Ort über den Weg läuft (bzw. ich ihm).

Kennen Sie die BookCrosser? Unter dem Motto „Mitnehmen! Lesen! Freilassen!“ werden weltweit Bücher entweder an betreuten Orten (wie der so genannten BücherboXX hier am Hostel) oder aber irgendwo in der „freien Wildbahn“ ausgesetzt. Die Bücher sind registriert und man kann im Internet ihre Reise von Lesehand zu Lesehand verfolgen. Aktuell gibt es über 1 Million BookCrosser und über 9 Millionen Bücher, die durch rund 130 Länder reisen. Ein „unglaubliches globales gesellschaftliches Experiment“ wie das Book Magazine schreibt.

Ich komme mit einem jungen Mann ins Gespräch, der, wie sich herausstellt, einer der Initiatoren der Berliner Un(Convention) ist. Die Tagung der deutschen Bookcrosser findet an diesem Wochenende hier in diesem Hostel statt.

Von ihm erfahre ich, dass an diesem Abend – dem Jahrestag der Bücherverbrennung von 1933 – eine so genannte thematische Bookrelease Aktion auf dem Bebelplatz stattgefunden hat. Dort sollte eigentlich eine leere BücherboXX direkt über den leeren unterirdischen Regalen aufgestellt werden, was allerdings nicht genehmigt wurde. Er erzählt mir von den vielen Berliner Standorten, von weiteren Themen-Releases, von irgendwelchen Challenges, Crossing-Zonen und davon, dass es eine wirkliche Mission sei, dabei zu sein. Ich vermute, dass er Physalis74 ist, der Verfasser des liebevoll zusammengestellten Flyers, den er mir nach einem langen interessanten Gespräch in die Hand drückt („Zerknittert, aber macht ja nix!“) und in welchem alle Berliner Standorte verzeichnet sind.

Aufgrund des Flyers und weiterer Detailinfos aus dem Netz weiß ich jetzt, dass ich allein hier in meiner Wohngegend von ausgesetzten Büchern geradezu umgeben bin, beispielsweise warten im Hauptbahnhof oder im Café Arema einige Exemplare darauf, gefunden zu werden. Und am 25. April bin ich offensichtlich ganz knapp an den „Yoga Quickies“ vorbeigeschrammt. Diese wurden nämlich am U-Bahnhof Turmstraße ausgesetzt, und an diesem Tag bin ich zweimal dort gewesen. (Das ist allerdings nichts gegen Australien: dort wurden allein in den letzten 30 Tagen 1.054 Bücher freigelassen UND NOCH NICHT GEFUNDEN!!!)

Ja, ich bin fasziniert. Und nein, ich bin noch kein (kostenloses) Mitglied geworden. Denn ich gestehe, dass mein Naturell das einer Sammlerin ist. Das „Freilassen“ fällt mir entsprechend schwer. Aber genau darüber denke ich jetzt nach.

Und Sie? Haben Sie Bookcrossing-Erfahrung? Was denken Sie darüber?

 

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