08. Dezember 2013

DAS BESTE BUCH ÜBER MÄNNER

Mit meinem Physiotherapeuten komme ich oft ins Gespräch. Er ist literarisch sehr interessiert und fragt manchmal nach meinen Workshops. Vor drei Tagen erzähle ich ihm von meinem Kurzseminar zum Thema „Schreiben Männer anders?“, das morgen stattfinden wird.

Mich beschäftigen die schreib-bezogenen geschlechtsspezifischen Unterschiede bereits seit rund 30 Jahren. Damals habe ich als Buchhändlerin hautnah erfahren, wie Leseverhalten, Bestseller-Listen etc. das Schreibverhalten beeinflussen. Damals: als Buchregale mit der Aufschrift „Frauenliteratur“ selbstverständlich waren.

Das, was man darunter versteht, hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch verändert. Aber was ist mit Männerliteratur? Und welche Auswirkung hat all das auf männliches Schreiben?

Ich habe dazu im Laufe der Jahre einige Thesen entwickelt und werde diese morgen mit den – ausschließlich männlichen – Teilnehmern des Seminars diskutieren. Darauf freue ich mich!

Aber zurück zu meinem Physiotherapeuten. Er erzählt mir, dass sich sein Leseverhalten im Laufe der Jahre sehr verändert habe.

„Ich habe mit Hemingway angefangen. Damit fangen natürlich alle an.“

„Was heißt alle?“

„Na, wir Männer. Kampf, Gewinnen, Natur. Ich komme von der Küste. Der alte Mann und das Meer. Kampf auf Leben und Tod. Das hat was…“

„Kennen Sie auch die Nick Adams Stories von Hemingway?“ frage ich ihn, denn die sind sehr subtil und differenziert. Alles andere als schwarz-weiß.

„Nein, kenne ich nicht. Aber dann hab ich gewechselt. Von Hemingway zu Steinbeck. Das war schon anders. Und dann Irving.“

Er erzählt mir, wie unglaublich gut er Irving finde. Eben weil es bei ihm nicht nur ums Gewinnen gehe. Er kenne auch die Niederlage. Das Tragische im Leben.

„Klar, er hat auch dieses Sport-Ding. Ringen und so. Aber ganz anders als Hemingway,“ sagt er und fragt nach einer kleinen Pause:

„Aber wissen Sie, was das beste Buch über Männer ist?“

Nein, weiß ich nicht.

„Eisenhans. Von Bly. Habe ich mehrmals gelesen. Verschenke ich auch gern. Da steht alles drin, was man wissen muss.“

Eine durchaus reizvolle Vorstellung: ein Buch, in welchen „alles drinsteht, was man zu einem Thema wissen muss.“

Aber als ich von der Massage-Liege heruntergleite, frage ich mich doch, ob das wiederum eine typisch männliche Überzeugung ist, dass in einem einzigen Buch alles wichtige zu einem bestimmten Thema enthalten sein kann.

Was meinen Sie?

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