ES IST NICHT DIE ZEIT FÜR ICH-GESCHICHTEN
Heute ist Max Frischs 100. Geburtstag. Auf allen Kanälen Beiträge, Kommentare, Anekdoten. Immer wieder die Frage: wird Frischs Werk, um das es in den letzten Jahren Still(er) war – von Schullektüren abgesehen – wieder lebendiger werden? Ist Frisch noch aktuell?
Ganz aktuell danke ich allen, die mir in der letzten Woche Gedanken zu Frisch gemailt haben. Aus einer Mail (vielen Dank, J.!) möchte ich heute zitieren – sie scheint mir repräsentativ für so manche Re-Lektüre seiner Romane: „Max Frisch hätte ich früher als meinen Lieblingsautoren bezeichnet. Vor einiger Zeit hatte ich gedacht, ich gucke ´mal, wie er heute so auf mich wirkt und war ganz erstaunt, dass ich \“Stiller“ relativ schnell beiseite gelegt habe und dachte, dass die Zeit etwas darüber weg gegangen ist, obwohl er ja eigentlich ein immer aktuelles Thema von Suche nach Identität thematisiert. Sehr merkwürdig!“
Und am Ende ihrer Mail zitiert J. noch einen Satz aus ‚Mein Name sei Gantenbein‘:
„Manchmal scheint auch mir jedes Buch, so es sich nicht befasst mit der Verhinderung des Kriegs, mit der Schaffung einer besseren Gesellschaft und so weiter, sinnlos, müßig, unverantwortlich, langweilig, nicht wert, dass man es liest, unstatthaft. Es ist nicht die Zeit für Ich-Geschichten. Und doch vollzieht sich das menschliche Leben oder verfehlt sich am einzelnen Ich, nirgends sonst.“
Und genau das sind die Sätze, die ich bei Frisch liebe – und vermutlich auch die Generation der Zukunft, die an seinem 200. Geburtstag auf (fast) allen Kanälen Beiträge und Kommentare hören wird.
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