23. Juni 2017

GERN ORDNUNG!

Diesen Montag hatte ich eine kleine Operation unter Vollnarkose. Im Aufwachraum habe ich mich anschließend eine Weile mit der Krankenpflegerin unterhalten, die, wie sie mir erzählte, ursprünglich aus der Ukraine stammt und mit Begeisterung Deutsch lernt. Ich fand, dass sie bereits ziemlich gut Deutsch sprach, aber sie hatte offensichtlich den Ehrgeiz, alles grammatikalisch perfekt zu formulieren.

Als sie mir empfahl, mich erst einmal eine Weile aufzusetzen, fragte sie, ob es „an der Wand lehnen“ heißen würde oder „an die Wand lehnen.“ Ich sagte, dass beides möglich sei, es käme darauf an, ob…. und so weiter.

Als ich mich schließlich von ihr verabschiedete, fragte ich sie, ob sie Lieblingswörter im Deutschen habe. „Ohja,“ sagte sie und nickte enthusiastisch.

„Gern mag ich!“ sagte sie und sah mich an. Ich wartete, weil ich dachte, jetzt würde sie gleich das Wort sagen, das sie gern mag. Aber es war das Wort „gern“ selbst, das ihr gefiel.

„Alle höfliche Wörter“ ergänzte sie und lachte.

Dann blickte sie aus dem Fenster, dachte offensichtlich nach und ergänzte schließlich „Und Ordnung!“

Oha! Da war es wieder: Wir Deutschen und die Ordnung!

Dass dieser Begriff tatsächlich nach wie vor mit uns in Verbindung gebracht wird, kann man beispielsweise auf der Website des Goethe Instituts sehen, auf der es Lernmaterialien zu verschiedenen Themen gibt wie „Fussball“, „Currywurst“, „Müll“ oder eben „Ordnung“. (Interessanterweise heißt diese Kategorie „Ordnung/Unordnung“)

Lesen kann man hier einen Text von Wladimir Kaminer, der sich über die deutsche Ordnung gewohnt amüsiert-pointiert auslässt und der wiederum Stefan Zweig zitiert. Dieser habe in seinem Buch Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers über die Deutschen angemerkt, dass diese alles ertragen könnten, Kriegsniederlagen, Armut und Not, aber keine Unordnung.

Und dies sei, so Kaminer, nach wie vor der wunde Punkt unserer Nation.

Was meinen Sie?

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