02. Mai 2014

I SHOULD LIKE TO TAKE THIS INTO ME

suchzettel koelnIch arbeite in diesen Tagen von Köln aus und wohne hier im Chelsea Hotel, einem Kunsthotel im ursprünglichen Sinn. Martin Kippenberger hat hier in den 80er Jahren oft längere Zeit gewohnt und seine Aufenthalte mit eigenen Bildern sowie mit Bildern aus seiner Sammlung bezahlt. Entsprechend ist hier fast jedes Zimmer bestimmten Künstler*innen gewidmet.

Das erinnert einen natürlich an das berühmte New Yorker Chelsea Hotel, das durch Warhols Experimentalfilm The Chelsea Girls berühmt wurde und in welchem (vornehmlich männliche) Künstler*innen und Autor*innen wie Thomas Wolfe, Arthur Miller oder Dylan Thomas über längere Zeit gelebt haben.

Auf dem Weg zum Hotel laufe ich immer die Lindenstraße entlang und hier habe ich vorgestern Nacht einen wundersamen Zettel entdeckt. Von weitem sah er aus wie einer dieser typischen „Such-Zettel“: Jemand hatte ein Anliegen auf ein weißes A4-Blatt geschrieben und es mit einem Stück Klebeband auf eine Hauswand geklebt. Man konnte auch schon von weitem die kleinen Abreiß-Abschnitte erkennen, auf denen immer die Telefonnummer steht, falls man sich melden will.

Auf diesem Zettel stand allerdings etwas völlig Unerwartetes:

„Verbringe nicht die Zeit mit der Suche nach einem Hindernis. Vielleicht ist keines da.“ Franz Kafka

Und auf den kleinen Abschnitten zum Abreißen stand keine Telefonnummer, sondern immer nur das eine Wort: Vielleicht

Natürlich habe ich das sofort fotografiert (und wenn mein Blog mal Fotos einstellen kann, dann werde ich hier rückwirkend dieses Foto einbauen, versprochen!).

Und ebenso natürlich habe ich mir ein „Vielleicht“ mitgenommen. (Nein, ich gestehe: es waren gleich drei dieser Zettel… denn erstens bin ich Sammlerin und zweitens schadet es nicht, ein paar „Vielleicht‘s“ in petto zu haben…)

Ehrlich gesagt war ich mir nicht sicher, ob es sich bei diesem Satz tatsächlich um ein Zitat von Franz Kafka handelt. Die Vorstellung, dies wäre lediglich behauptet, fand ich sogar noch spannender und anregender.

Aber es stammt tatsächlich ihm.

Über der Hotel-Rezeption hängt eine Neonarbeit von Joseph Kosuth:

„I should like to take this into me and keep that out of me“

„Vielleicht“ denke ich jetzt immer, wenn ich daran vorbeigehe.

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