28. Juni 2014

MAGIC MOMENTS

Dies ist mein letzter Blogeintrag vor der Sommerpause. Und widmen möchte ich ihn einem Gefühl.

Einem Gefühl, das ich vor wenigen Tagen ganz unerwartet hatte. Ein erinnerndes Gefühl, wie es war, als Kind vorgelesen zu bekommen. Draußen, auf einem Spielplatz. Aus einem Buch, das man sich nicht selbst ausgesucht hat (und das man erst viele Jahre später als Erwachsene bewusst lesen und dessen Autor man noch ein paar Jahre später bei den Solothurner Literaturtagen kennenlernen würde).

Das schöne Gefühl, nicht zu wissen, wie die Geschichte ausgeht, aber sie ist lustig und das ist das Wichtigste und hoffentlich ist sie noch lange nicht zu Ende. Und zu lachen und davon tatsächlich Tränen in den Augen zu bekommen… bis sich das Lachen von der Geschichte löst und aus einfacher Freude am Lachen geschieht… und dann ist das Vorlesen vorbei und dieses leichte lebendige Gefühl gluckst noch eine Weile im Bauch…

In Hamburg-Altona war das, während der sehr besonderen Stadttour Signs & Wunder, ausgedacht von zwei Künstlern namens Stockholm Syndrom, in Kooperation mit dem Jungen SchauSpielHaus Hamburg.

Mit einem mir bis dato fremden Mann, einem anderen Theatergast, war ich drei Stunden lang auf einer von insgesamt 13 inszenierten Stadt-Routen unterwegs. Geführt wurden wir per Handy. Eine so genannte Callerin war immer für uns da und hat uns Aufgaben gegeben und uns außerdem zu unserem Leben befragt. Eine eindrucksvolle und ganz und gar originelle Mischung aus Schnitzeljagd, Performance, Stadtführung und Interview.

13 ways to find a magic moment, lautete der Untertitel. Und mein magic moment war ganz eindeutig, als wir per Handy durch eine private Toreinfahrt gelotst wurden, mit dem Hinweis, dass sich dahinter ein Spielplatz befände, wo Jemand auf uns warten würde.

Und tatsächlich: Neben dem Sandkasten saß eine Frau auf einem Klappstuhl, lächelte uns an und zeigte auf zwei leere Stühle ihr gegenüber. Wir setzten uns, sie holte ein Buch hervor und begann zu lesen. Und wir begannen zu lachen.

Es war übrigens eine Geschichte aus Peter Bichsels Kindergeschichten-Sammlung (die er 1969 veröffentlichte und daraufhin verblüffenderweise 15 Jahre lang kein Buch mehr schrieb, weswegen er sich selbst immer als ‘Wenigschreiber‘ bezeichnet, aber das ist jetzt die erwachsene Sicht auf dieses Buch, und die soll hier jetzt eigentlich gar nicht interessieren – ach, doch noch EINE Sache: eine der bekanntesten Geschichten dieses Buches heißt ‘Ein Tisch ist ein Tisch‘ und in ihr kommt folgender Satz vor: „Der alte Mann kaufte sich blaue Schulhefte und schrieb sie mit den neuen Wörtern voll, und er hatte viel zu tun damit, und man sah ihn nur noch selten auf der Straße.\“)

Also: ganz egal, ob Sie wenig schreiben oder viel. In blaue Schulhefte neue Wörter sammeln oder in weiße Laptops alte. Sich auf der Straße herumtreiben oder zu Hause bleiben: es soll ein richtig schöner Sommer für Sie werden!

Ich freue mich auf unser Wiederlesen Anfang September!

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