17. Februar 2013

DER VERSPANNTE HIMMEL ÜBER BERLIN

Vor ein paar Tagen habe ich meine Hausmeisterin zufällig im Treppenhaus getroffen. Sie ist eine sehr sympathische, offene und vielseitig interessierte Frau Mitte Fünfzig. Ich weiß nicht, aus welchem Land sie ursprünglich kommt, aber ihr Deutsch ist manchmal etwas schwierig zu verstehen.

Wir unterhalten uns oft über Bücher und dieses Mal erzählt sie mir, dass sie gerade ein ganz besonderes Buch für sich entdeckt hat (…und macht eine Pause…) und sieht mich an.

„Welches denn?“

„Die Bibel!“ Sie strahlt. So viele faszinierende Geschichten sind da drin, sagt sie, und es enthält Antworten auf alle Fragen, die man so hat. Morgens blättere sie oft darin und zur Zeit sei ihre Lieblingsgeschichte „die mit dem verspannten Himmel.“

„Verspannter Himmel?“

„Ja,“ sagt sie und zeichnet mit ihren beiden Armen einen großen Halbkreis über ihrem Kopf.

„Der Horizont ist weiter, als man sehen kann. Das ist schön.“

Wie beruhigend, denke ich, als ich mich verabschiede und zur Bushaltestelle gehe, wie beruhigend, dass nicht nur der eigene Nacken, sondern sogar der Himmel verspannt ist. Andererseits… wo soll das enden? Ich blicke nach oben. Tja, da ist er also: Der verspannte Himmel über Berlin.

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