3. Juni 2018

HALLO FRAU SCHNEIDER!

Ich muss Sie schon wieder kurz nach England entführen. Nach meinem Blogbeitrag vom 22. Mai über Harrys und Meghans Hochzeitsrede, drängt sich heute Elisabeth II hier herein, die gestern 65jähriges Thronjubiläum gefeiert und aus diesem Anlass garantiert Tonnen von Post erhalten hat. Ich schreibe das deshalb, weil ich mir in dieser Woche Gedanken über verschiedene Anrede-Formen gemacht habe.

Grund dafür ist eine Klientin, die mir geschrieben hat, dass sie sich frage ob die Anrede Liebe/r X am Brief- oder Mailanfang noch zeitgemäß ist. Ich weigere mich nämlich bockig, auf das gebräuchliche HALLO X überzugehen.“

Tatsächlich greift das so unkompliziert daherkommende HALLO aus den Messenger-Diensten wie WhatsApp mittlerweile auch in der Mailkorrespondenz immer mehr um sich. Auch wenn manche AbsenderInnen offensichtlich noch schwanken. Mein Steuerberater beispielsweise, der zwischen „Hallo“, „Sehr geehrte“ und „Liebe Frau Schneider“ wechselt (Vielleicht sollte ich mal prüfen, ob die jeweilige Anrede in irgendeinem Zusammenhang mit dem Inhalt steht, dann wäre ich in Zukunft im Zweifelsfall gewappnet.)

Und wenn ich drüber nachdenke, kommt mir das alles ziemlich seltsam vor:

„Lieb“ bin ich nicht und ich möchte eigentlich auch nicht als lieb bezeichnet werden. „Sehr geehrt“ bin ich ebensowenig. Aber „Hallo“ ist mir oftmals zu distanzlos, obwohl es im Vergleich das neutralste und im Grunde das passendste Wort ist.

Aber zurück zur Queen und der Überlegung, wie man diese ohne Zweifel „sehr geehrte“ Person am besten adressieren sollte – beispielsweise in all diesen Glückwunschmails zum Thronjubiläum. Raten Sie mal… Der Royal Household empfiehlt ein kurzes knappes „Madam“. Ohne „Dear“, „Honorable“ oder Sonstiges. Erstaunlich!

Ich will noch einen schnellen Blick in die Zukunft werfen. Ich vermute nämlich, dass wir in ein paar Jahren gänzlich auf eine Anrede verzichten werden und stattdessen – ganz unverblümt und pragmatisch – gleich von uns selbst sprechen werden.

Eine entsprechende Mail habe ich heute Morgen in meinem Mailaccount gefunden. Sie stammt von Miss Mei Chun Wong aus China und dieses Land ist uns ja, wie man immer wieder hört, weit voraus. Also vermutlich auch bezüglich der angemessenen Anrede.

Miss Mei arbeitet, so erfahre ich, als Executive Director bei der Sing Bank Ltd. und hat einen „Risiko-kostenlosen Business-Vorschlag“ für mich. Sie beginnt ihre Mail schlicht und ergreifend mit: Ich bin Frau Mei Chun Wong.

Ich werde die entsprechende Anrede „Ich bin Frau Sandra Miriam Schneider“ in den nächsten Tagen mal ausprobieren. Vielleicht bei meinem Steuerberater. (Es wird Zeit, dass er erfährt, wer ich bin.)

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