LITTLE MUTTERSCHAF
Ich hatte gar nicht vor, heute einen Blogpost zu schreiben. Und erst recht keinen, dessen Anlass schon wieder Geburtstage sind und es außerdem schon wieder um Ikonen geht.
Aber ich tu’s trotzdem. Denn ich stelle mir schon den ganzen Tag vor, dass die beiden heute hier bei mir im fiktionalen Moabiter Salon auf dem Balkon im fünften Stock sitzen: Malcom X und Rahel Varnhagen. Beide haben sie heute Geburtstag und Rahels berühmter literarischer Salon am Gendarmenplatz ist Luftlinie nur circa 4 Kilometer entfernt.
Auf den ersten Blick könnten sie unterschiedlicher nicht sein, aber auf den zweiten haben sie einiges gemeinsam: beide kämpfen sie für Gerechtigkeit und Gleichberechtigung, sind ebenso selbstbewusst wie selbstkritisch und haben keinerlei Angst, ihre Überzeugungen rhetorisch gekonnt und mit engagierter Stimme zum Ausdruck zu bringen.
Malcolm X eigentlicher Name ist Malcom Little und Rahel bedeutet sowohl die Barmherzigkeit Gottes als auch Mutterschaf.
So sitzen sie also hier draußen. Malcolm hat seine Brille abgenommen und Rahel zwirbelt energisch eine Locke, tatsächlich. Sie nicken mir kurz zu, als ich Ihnen den Tee, den ich ausgewählt habe, serviere (ja, der Name soll Programm sein. Black Chai. Geheimnisvoll, kräftig, sinnlich.). Ansonsten beachten sie mich nicht weiter.
Stattdessen verschmelzen sie in feurigem Gespräch und in meiner Vorstellung zu „Little Mutterschaf“, das mit verschmitzter Stimme sagt: „Hier ist ein Geburtstagsrätsel für euch. Wer von uns beiden hat das Folgende gesagt?“
„Niemand kann dir Freiheit geben. Niemand kann dir Gleichheit oder Gerechtigkeit oder irgendetwas geben. Du musst es dir nehmen.“
Oder das: „Meine Alma Mater waren Bücher, eine gute Bibliothek. Ich könnte den Rest meines Lebens mit Lesen verbringen, nur meine Neugier zu befriedigen.“ Malcolm oder Rahel?
Und das: „Immer Gerechtigkeit für andere: Mut für uns selbst.“
Ich habe geraten, lag aber etwas daneben. Was denken Sie?
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