27. Oktober 2012

WÖLFE

Was für ein Gefühl das wohl ist, wenn einem attestiert wird, man habe die Regeln eines literarischen Genres neu definiert!?

So geschehen diese Woche, als Hilary Mantel mit dem wichtigsten britischen literarischen Preis, dem Booker Prize, ausgezeichnet wurde. Sie erhielt ihn für Ihren Roman „Bring up the bodies“, der im Frühjahr 2013 bei DuMont unter dem Titel „Falken“ erscheinen wird und im England zur Zeit Heinrich VIII spielt.

Das Genre, das durch sie neu definiert wurde, ist der Historische Roman und das, was sie so ausgezeichnet macht, ist „handwerklich perfekte Literatur, in der brillanter Stil mit funkelndem Witz den melancholischen Grundton der Sprache aufhellt.“

Aber das vielleicht Erstaunlichste: Die 60-Jährige Autorin, die früher Sozialarbeiterin und Filmkritikerin war, hat diesen Preis bereits zum zweiten Mal erhalten. Im Jahr 2009 gewann ihn ihr Roman „Wölfe“, erster Teil der geplanten Trilogie. „Falken“ ist der zweite Teil.

Für die Autorin Zadie Smith kam bereits Mantels erster Roman „einem allerletzten Axthieb“ gleich, den sie dem Klischee vom weiblichen Schreiben versetzt. Wolf Hall ist mit seinen inneren Monologen, Duelldialogen, an Lyrik geschulten Gemälden und drehbuchknappen Szenerien der erste geglückte Einbruch des Hochmodernismus Virginia Woolfs und T. S. Eliots in den populären historischen Roman: ein Buch, das sich, lesbar für alle, so ausnimmt, als hätten Stanley Kubrick, Ridley Scott und Martin Scorsese sich gemeinsam dieses Themas bemächtigt und eine Ewigkeit lang in friedlicher Eintracht daran gefeilt, schreibt die FAZ.

Kaum auszudenken – und gleichzeitig faszinierend: die Vorstellung, dass es Mantel gelingen könnte, auch mit dem dritten Teil ihrer Trilogie den Booker-Prize zu gewinnen…

Weniger faszinierend hingegen der unglaubliche Erwartungsdruck, der auf diesem dritten Teil liegt. Ich drücke Mantel inständig die Daumen, dass sie sich von diesem Druck so gut wie möglich befreien kann und sich alle Zeit der Welt nimmt, um dieses Buch genau so zu schreiben, wie sie selbst es möchte.

Ich bin jedenfalls neugierig geworden, habe mir soeben über VOEBB „Wölfe“ aus der Bibliothek Köpenick in meine Bibliothek vor Ort bestellt und freue mich aufs Wolfsgeheul! Hat es Jemand von Ihnen schon gehört?

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